De la musique d’abord ! Die Musik zuerst!
1958-2023: Das in Arles angesiedelte Label harmonia mundi zeigt sich reger denn je mit der Veröffentlichung der Alben von rund fünfzig exklusiv unter Vertrag stehenden internationalen Künstlerinnen und Künstlern, welche zu den renommiertesten der klassischen Musikwelt gehören. Man braucht nur die Fachpresse zu studieren oder das Fernsehen einzuschalten, Konzertprogramme zu lesen wie auch auf YouTube, Instagram, Apple Music und Spotify zu surfen … 2008 feierten wir mit Bernard Coutaz, dem Gründer von harmonia mundi, eine damals schon fünfzig Jahre andauernde musikalische Erkundungsreise. Damals gab Coutaz etliche Interviews und schilderte dabei die Geschichte des Labels, so etwa dessen stürmische Anfänge mit historischen Orgeln oder die „Entführung“ von Alfred Deller an einem schönen Juliabend 1970, die Rolle von harmonia mundi bei den von Barockmusikerinnen und -musikern getragenen musikalischen Umwälzungen sowie die darauf folgende internationale Ausdehnung, welche dazu führte, dass harmonia mundi seit Anfang der 2000er Jahre mehrmals mit dem Titel „Label des Jahres“ ausgezeichnet wurde: 2005 (Gramophone), 2017 (Classica), 2018 (erneut Gramophone), 2021 (nochmals Classica!).
Das Jahrzehnt von 1990 bis 2000 war auch geprägt von der Entstehung eines renommierten internationalen Vertriebsnetzes sowie einer frankreichweiten, in der CD-Ära weithin präsenten Ladenkette. Im Zeitraum zwischen dem Ableben des Label-Gründers Bernard Coutaz 2010 und dem Tod von seiner Frau Eva Coutaz 2021 vollzog sich ein beispielloser Umbruch im Schallplattenwesen, der für unabhängige Labels meist fatale Umstrukturierungen und Fusionen zur Folge hatte. Als harmonia mundi im Herbst 2015 in den von Kenneth Gates und Michel Lambot gegründeten [PIAS]-Konzern eingegliedert wurde, schloss sich das Unternehmen nicht nur einer der symbolträchtigen Firmen der „Indie“-Community an, sondern konnte sich auch wieder auf sein ursprüngliches Betätigungsfeld konzentrieren, nämlich die Musikproduktion. Die höchst anspruchsvolle editorische Ausrichtung des Labels hat sich den Erfordernissen der neuen ökonomischen Bedingungen in der Musikwelt erfolgreich angepasst. Die Liste der unter Vertrag stehenden Künstlerinnen und Künstler wurde nicht etwa verkleinert, sondern mit höchst bedeutenden Akteurinnen und Akteuren der klassischen Musik wie etwa PianistInnen, SängerInnen, InstrumentalistInnen, DirigentInnen sowie diversen Ensembles u. a. erheblich erweitert. De la musique d‘abord, die Musik zuerst! lautete 1977 die Devise von harmonia mundi; Music first! klang es 1984 bei [PIAS]… Damals hätte man es nicht für möglich gehalten, dass sich vierzig Jahre später zwei große, bis dahin unabhängige Labels in Arles zusammenschließen würden, dort, wo sich früher ein im 6. Jahrhundert von dem französischen Bischof Cæsarius von Arles gegründetes Kloster befand.